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Interessanter Blick in die Geschichte - Wörgler Geldexperiment

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TomBo

TomBo
Generalsekretär

http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%B6rgl#W.C3.B6rgler_Geldexperiment

2Interessanter Blick in die Geschichte - Wörgler Geldexperiment Empty Wörgl macht's vor! Mo 20 Jul 2009 - 9:10

Gast


Gast

Ja, was in Wörgl passiert ist, ist spannend.
Die kleine Stadt liegt in Tirol und hat in den 1930ern mitten in der großen Weltwirtschaftskrise einen Freigeld Versuch gestartet. Die Menschen hatten nichts mehr zu verlieren..also hat der Bürgermeister, der während des ersten WK Gesells Schriften in die Hände bekommen hatte, seinen Stadtrat davon überzeugt den Versuch mit dem Schwundgeld zu wagen.

Was dabei herauskam war verblüffend..
innerhalb eines Jahres sank die Arbeitslosigkeit in Wörgl um 25%
die menschen konnten sich wieder satt essen, ihre kleider reparieren
sie fingen wieder an zu wirtschaften und dinge auf die beine zu stellen.
Sie bauten eine Brücke, eine Ski-Sprungschanze, sanierten ihre Straßen und der Baulärm machte die Menschen glücklich, bedenkt man, dass sich die Lage in der übrigen Welt rapide verschärfte!

Das Projekt fand großes Interesse innerhalb und ausserhalb Österreichs. 15 andere Gemeinden im Land waren drauf und dran, Schwundgeld einzuführen, Deladier der französische Finanzminister und spätere Ministerpräsident kamen, sogar Irving Fisher (bedeutender Us-Ökonom) schickte Vertreter in die Tiroler Kleinstadt.
Er war sich sicher! Das Freigeld könnte die Welt binnen kürzester Zeit aus der Krise katapultieren.

Nach 14 Monaten wurde das Experiment allerdings per Dekret und unter Androhung von Militärgewalt verboten. Die Nationaltbank sah ihr Monopol auf die Währung gefährdet. pig

Gast


Gast

Hi Leute.

Die Geschichte um Wörgl klingt sehr interessant, in der Tat.
Ich habe auch schon mit einigen Leuten über den Verlauf dieser Ereignisse gesprochen und dabei einen großen Kritikpunkt kennengelernt, der auf jeden Fall Erwähnung finden muss. Es ist unter kritischen Augen sogar ein wenig verwunderlich, dass das Freigeldsystem in Wörgl so gut funktioniert hat.


Zu bedenken ist:

Wenn das Geld am Ende des Monats einen bestimmten Prozentsatz seines Wertes verliert und die Bürger das selbstverständlich wissen, werden sie unter normalen Umständen stets versuchen ihren Verlust so gering wie möglich zu halten, sprich: Sie werden ihr Geld so schnell wie möglich ausgeben, genau wie es auch gedacht ist (Das Geld zirkuliert in rasendem Tempo durch die Marktwirtschaft).

Aber was machen sie, wenn sie sich gerne etwas Großes kaufen wollen, für das sie einige Zeit sparen müssen?

  • Entweder sie nehmen in Kauf, dass es durch den negativen Zins einige Zeit länger dauert, bis sie die gewünschte Summe erspart haben, weil sie nach jedem Monat wieder ein Teil ihres Geldes verlieren, was bei größeren Geldmengen nicht unerheblich ist. Optimal ist das lange nicht. Zwar entstehen auf diese Art und Weise keinerlei Spekulationsblasen, aber ein Großteil der Wirtschaftskraft einer Nation verpufft auch einfach im Nichts.
  • Oder sie investieren vorübergehend in Produkte/Erzeugnisse/Waren/Wertpapiere* (*Wertpapiere natürlich nur, sofern diese nicht dem negativem Zins unterliegen) um dem negativen Zins zu entgehen. Auch das wird zunächst sicherlich gut aussehen, wenn man die Werte des BiP oder ähnlicher Indikatoren im Auge behält. Und erst recht, wenn nicht nur einige wenige auf die Idee kommen, sondern der Großteil der Bevölkerung so handelt, denn es wird gekauft, gekauft und... ja: gekauft. Allerdings nur aus Hortungszwecken. Es wird kein Geld mehr gehortet, allerdings Waren. Waren die zunächst nach einer sicheren Investition aussehen, können sich dadurch schnell als kleine bis mittelgroße Spekulationsblasen entpuppen und der Wirtschaft schaden.

Beispiel:
Herr Meier will sich ein Auto kaufen und muss dafür 20.000€ sparen. Damit er nicht jeden Monat 5% seines Ersparten für den Zins abgeben muss, entschließt sich sich dazu vorübergehend jeden Monat einen Ferseher im Wert von 1000€ zu kaufen und einzulagern, um diese dann in 20 Monaten alle wieder zu verkaufen.
In 20 Monaten wird er aber keinesfalls 20 Fernseher auf einen Schlag für je 1000€ los* (* Den Wertverlust eines Gerätes aus zweiter Hand vernachlässigt), denn er sorgt durch sein Handeln für einen Überfluss, welcher einen starken Preissturz bei Fernsehersn auslösenen wird.
Er schädigt aber nicht nur sich:
TV Fritz hat sich auf die gestiegene Nachfrage eingestellt und den Laden der gesteigerten Nachfrage an Fernsehern angepasst. Durch den plötzlichen Überfluss an Fernsehern, verursacht durch Herrn Meier, kommt auch er in ordentliche Bedrängniss.



Ich hoffe ich habe mich verständlich ausgedrückt und ein paar Denkanstöße geliefert. Mir selbst sind beim Schreiben schon wieder neue Gedanken gekommen, aber ich dachte, dass ich es erstmal dabei belasse.

Diskussionsfreudige Grüße, rnschk. :)

Manuel

Manuel
Geschäftsführer

Hallo Runschke,

schön dass du das hier mal zur Debatte stellst, da die von dir geäußerten Bedenken bei vielen Menschen entstehen.

Ich gehe einfach der Reihenfolge nach durch.

zu " Entweder sie nehmen in Kauf, dass es durch den negativen Zins einige Zeit länger dauert, bis sie die gewünschte Summe erspart haben, weil sie nach jedem Monat wieder ein Teil ihres Geldes verlieren, was bei größeren Geldmengen nicht unerheblich ist. Optimal ist das lange nicht...."

Also, wenn der Meier das ziel hat 20000 Euro zu Sparen, so kann er dies ganz bequem auf dem Sparbuch oder anderen Konten machen.
Er erleidet beim Sparen auf einem Bankkonto ebend nicht den negativen Zins, da seine Bank das Geld für die Dauer für die er es angelegt hat einen Kredit vergeben kann. ( genau wie das heute schon der Fall ist ). Die Bank verleiht also einen Kredit in Höhe von 20000 Euro an den Schuldner und dieser verspricht dafür auch die 20000 Euro zurück zu zahlen. Die Bank deckt ihre Kosten in diesem Fall durch ein Bearbeitungsgeld ( nicht exponentiell steigend wie die aktuellen Zinsmargen Wink ).
Jetzt bitte nicht denken: Dann kommt der Meier ja für die ganze Kreditlaufzeit nicht an sein Geld drann, weil das verliehen ist. Es bildet sich bei einer halbwegs funktionierenden Bank ein Pool aus Sparern und Kreditnehmern, welcher bei halbwegs fristenkongruenter Anlage und Kreditvergabe zur Folge hat, dass die Verfügungen der Sparer möglich sind und Kreditnachfragen bedient werden können.
Für den Fall, dass weniger Kredite nachgefragt werden, als Anlagen von Sparern getätigt werden bleibt der Bank nichts anderes übrig als die negativzinsen an die Sparer weiter zu leiten, aber bei einem halbwegs funktionierenden Wettbewerb unter den Banken wird sie das möglichst gering halten ( genau so wie die Banken zwecks Kundengewinnung versuchen möglichst wettbewerbsfähige Konditionen anzubieten )


Zu:"...Zwar entstehen auf diese Art und Weise keinerlei Spekulationsblasen, aber ein Großteil der Wirtschaftskraft einer Nation verpufft auch einfach im Nichts"

Da darf ich einfach mal unterstellen, du hast kein Rechnungswesen in der Berufsschule tongue Verpuffen gibt es nicht. Zahlen müssen immer irgendwo hin gebucht werden. In diesem Fall kann das die Staatskasse sein. Wichtig ist aber, dass die negativzinsen eine zweckbestimmung haben, welche fest gesetzlich verankert ist. Beispielsweise "sämtliche aus negativezinsen geflossenen Gelder müssen jeweils binnen einen Monats für die Sektoren Bildung, Grundeinkommen, Infrastruktur und und und... ausgegeben werden"
Würde das Geld einfach immer zu Gunsten des Staatshaushalt fließen ohne Zeitfenster der Investition, so hätte der Staat das Hortungsmonopol des Geldes, was doch seeehr schlecht wäre, da die Wirtschaft sonst sehr stark von seinem Handeln abhängen würde.
Und jetzt kommt mir bitte keiner mit "boa das ist ja voll die Steuerabzocke!"
Denkt drann, der staat sind wir, wir wollen Schulen, Bildung und vernünftige Straßen haben. Die Steuerliche und finanzielle entlastung übertrifft bei weitem unsere Vorstellungskraft. Jeder der Arbeiten geht stellt sich mal vor, er müsste 20 % weniger Steuern zahlen, ( entspricht ganz grob dem aktuellen Zinsanteil den der Staat an seine Gläubiger zahlen muss ), hätte alle Preise 20- 30 % günstiger oder würde 20-30% mehr verdienen.
Das Freigeld fördert das Sparen jedes einzelnen tatsächlich, da wir alle am Monatsende mehr Geld übrig hätten, nicht nur ein paar wenige wie aktuell.

zu:"Es wird kein Geld mehr gehortet, allerdings Waren. Waren die zunächst nach einer sicheren Investition aussehen, können sich dadurch schnell als kleine bis mittelgroße Spekulationsblasen entpuppen und der Wirtschaft schaden"

Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass einzelne Wirtschaftsgüter zur Spekulation genutzt werden. Keiner kann verhindern dass der meier sich 20 Fernseher in die Garage stellt oder der Graf von Buxtehulle sich 1000 Tonnen papierblöcke kauft um diese später an das tolle neue Bildungssysthem weiterzuverkaufen. ABER: durch das Horten im ersten Moment entsteht keinerlei Schaden. Das Tauschmittel, welches von ALLEn benötigt wird geht an die Verkäufer von TV-Geräten oder Papierblöcken, diese können damit weiter arbeiten, es entsteht kein Geldmangel in der Wirtschaft und es kann kein Zins "erzwungen" werden.
Der Graf sitzt auf dem Papier, benötigt a) ne Rieesen Halle um das zu lagern, Personal um die bösen Papierfressenden Motten ( motten? keine ahnung wer papier frisst - Insekten halt ) zu vertreiben und und und... ( Meier muss natürlich auch aufpassen, dass seine Fernseher nicht kaputt gehen durch Feuchtigkeit, Diebe ect.) Es stellt sich die Frage ob unsere realen Wirtschaftsgüter nicht in wirklichkeit alle einem Wertverlust unterliegen, wie das dann auch beim Geld wäre. zu mindest die Lagerkosten und/ oder Zerfall hat man immer.

Freigeld setzt unser Tauschmittel mit den Wahren und Dienstleistungen lediglich auf ein Level, wodurch das Geld endlich nicht mehr den realen Gütern/ Dienstleistungen übergeordnet ist und ein faires miteinander von Kapital(-gebern) und Angestellten/Arbeitern ect stattfinden kann.
Heute kuschen doch alle nach dem Kapital. "du willst einen Job? Dann muss ich erstmal rechnen ob du dich unter Renditefaktoren für mich lohnst, sonst bring ich das geld lieber zur Bank"

Was die Spekulationsblasen bei Verkauf der 1000Tonnen Papierblöcke angeht: Ist es eher warscheinlich, dass der Graf von Kapitalhausen nach Risiko- und Kostenkalkulation auf eine Investition Verzichtet und das Geld zwecks - ich nenen es mal "Null-Rendite" auf dem Konto lässt.

Ein Problem und in den Kreisen der Freigeldbeführworter oft besprochen stellt das Land dar. Unser Land ist begränzt. Die Befürchtung: Das Kapital würde in den Boden investieren und hier unermässliche Preise hervorrufen und exorbitante Mieten erzwingen können. Dieses Thema ist aber so umfangreich, dass wir darüber mal einen gesonderten Beitrag schreiben sollten.


Ich hoffe ich habe halbwegs einleuchtend deine Fragen beantworten können. Falls nicht, einfach weiter bohren Wink


Grüße
Manuel

Gast


Gast

Zum Thema Verpuffung:

Herr Meier hat einen 100-Euro-Schein, auf den er am Monatsende einen Sticker kleben muss, damit dieser seine Gültigkeit als anerkanntes Zahlungsmittel behält, aber welcher den Wert des Scheins zugleich um 5% verringert. Wohin sind die 5 Euro, wenn nicht verpufft?

Manuel

Manuel
Geschäftsführer

Die 5 Euro, die er bezahlen muss um die Märkchen zu bekommen müssen ja irgendwo hin gehen. Die bezahlt er schließlich für die Marken an die ausgebende Stelle.

Gast


Gast

Ok, daran hab ich nicht gedacht.
Die Wertverminderungssticker kosten also immer genau soviel, wie sie den Wert des Geldes vermindern?

Manuel

Manuel
Geschäftsführer

Richitg. Wie willst du sonst den Wert vermindern?

Wenn du die marken umsonst bekommst, hast du ja keine Wertminderung Wink

Bei Fragen immer raus damit!

Gast


Gast

Manuel schrieb:Wenn du die marken umsonst bekommst, hast du ja keine Wertminderung ;)
Ich hatte einfach nicht bedacht, dass die Marken genauso teuer sind, wie das Geld an Wert verliert. Ich dachte die würden vom Bundesmarkenamt einfach für lau verteilt. xD

Schönen Gruß, rnschk. :)

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